Schulabsentismus

Zurück in die Schule

Was tun, wenn junge Menschen den Unterricht verweigern? Ein Programm des Jugendhilfeträgers apeiros hilft Schulen dabei, sie wieder in den Klassenraum zu holen.

Es können familiäre Gründe sein oder die eigene Unzufriedenheit mit der schulischen Leistung, die Pubertät oder psychische Probleme. Manchmal aber lehnen junge Menschen unser Bildungssystem auch grundsätzlich ab. Im schlimmsten Fall kommt alles zusammen, und Kinder und Jugendliche gehen nicht regelmäßig oder gar nicht mehr zur Schule – unentschuldigt. In diesem Fall spricht man von Schulabsentismus, der alle Beteiligten herausfordert: die Schülerinnen und Schüler selbst, aber auch deren Eltern, Lehrkräfte, Mitarbeitende der Behörden oder der Jugendämter. Vor allem Schulen haben damit zu kämpfen, denn der richtige Umgang mit „absenten“ Kindern und Jugendlichen erfordert viel Zeit und eine verlässliche Abstimmung mit allen Beteiligten. Damit aus Schulverweigerinnen und Schulverweigerern nicht junge Menschen ohne Schulabschluss werden. 

Ein Träger der Jugendhilfe mit Sitz in Wuppertal verspricht hier Abhilfe: Apeiros arbeitet an sieben Standorten mit ca. 100 Kommunen und deren Schulen zusammen. Mittels eines sowohl präventiven als auch intervenierenden Ansatzes in der Einzelfallhilfe nimmt sich der gemeinnützige Verein des Problems ganzheitlich an. Im Rahmen eines Präventionsprogramms haben Schulen vom Primarbereich bis hin zu höheren Stufen die Möglichkeit, eine Software namens „Early Bird“ zu nutzen. Viele Schulen haben bereits gute Erfahrungen damit gesammelt. Wie apeiros funktioniert und wirkt – ein Überblick. 

Was ist apeiros?

Der spezialisierte Jugendhilfeträger apeiros hat sich die Behandlung von Schulverweigerung zum Hauptthema gemacht. Das Sozialunternehmen bietet Familien, Schulen und Jugendämtern Lösungen für den Umgang mit Schülerinnen und Schülern, die regelmäßig oder dauerhaft im Unterricht fehlen. Das Ziel von apeiros ist, die Schulverweigerung durch gezielte Maßnahmen zu reduzieren und so die Bildungschancen der Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Dazu gehören die frühzeitige Erkennung von Schulverweigerung, die systematische Erfassung von Fehlzeiten sowie die Unterstützung von Schulen, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern in der Einzelfallhilfe in diesem Prozess. 

Schulverweigerung bezeichnet wiederholtes unentschuldigtes Fehlen im Unterricht über einen Zeitraum von mehreren Wochen oder Monaten. Als Richtwert gilt laut einer Studie von apeiros: Wenn eine Schülerin oder ein Schüler mehr als zehn Prozent der Unterrichtszeit innerhalb eines Monats unentschuldigt fehlt, gilt sie oder er als schulabsent. Zumeist sind persönliche, familiäre oder schulische Probleme die Ursache für das Fernbleiben von der Schule. 

Aufgrund langjähriger Erfahrung in diesem Feld hat apeiros das „Early-Bird-Präventionsprojekt Schulabsentismus“ entwickelt. Herzstück des Programms ist eine Software, mit der Fehlzeiten erfasst und ausgewertet werden. Sie ermöglicht, Frühwarnsysteme zu etablieren und somit schnell zu intervenieren, bevor sich Schulabsentismus verfestigt. Zudem bietet apeiros eine detaillierte Analyse an, um die Ursachen von Schulverweigerung zu verstehen. Sie mündet in der Empfehlung spezifischer Maßnahmen für die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern. In schwerwiegenden Fällen empfiehlt apeiros persönliche Gespräche, therapeutische Begleitung und, falls nötig, tagesstationäre Betreuung. 

Ein Beispiel: Jeden Morgen gibt die Lehrkraft Daten zur Anwesenheit der Schülerinnen und Schüler ein – diese Angaben können auch aus dem vorhandenen Verwaltungssystem übernommen werden. Wenn Schülerinnen und Schüler innerhalb eines Monats mehrfach unentschuldigt gefehlt haben, erscheint eine Warnmeldung. Auch erkennt die Software Muster, wenn etwa eine Schülerin oder ein Schüler immer an denselben Tagen fehlt oder stets ein Fach meidet. Das Programm schlägt dann etwa vor, ein Elterngespräch zu organisieren oder der Schülerin oder dem Schüler eine Schulsozialarbeiterin zur Seite zu stellen, und unterstützt die Lehrkräfte bei der Terminplanung. Fand das Gespräch mit den Eltern statt, wird dieses protokolliert, ebenso wie die vereinbarten Maßnahmen. Das Tool erinnert an das nächste geplante Gespräch und dokumentiert, ob sich die Fehlzeiten gebessert haben. Am Ende des Schuljahres oder auch laufend kann ein Bericht generiert werden, der alle Maßnahmen und deren Erfolge zusammenfasst. Grundsätzlich unterstützen Berichte und Statistiken die langfristige Planung und Prävention von Schulverweigerung.

Apeiros arbeitet nicht nur eng mit Schulen, sondern auch mit Jugendämtern und Behörden zusammen. Diese Kooperation ist entscheidend, damit alle Beteiligten systematisch und schnell reagieren können, wenn Kinder und Jugendliche dem Unterricht dauerhaft unentschuldigt fernbleiben. Das Programm kann also Daten mit anderen Institutionen austauschen, wenn die entsprechenden Einverständnisse der Familien vorliegen, und ermöglicht so eine koordinierte Zusammenarbeit. Wenn die Einbindung der Eltern oder die Hilfe durch eine Schulsozialarbeiterin nicht zum gewünschten Erfolg führen, kann die Schule das zuständige Jugendamt einschalten. Per Software werden die nächsten Schritte, etwa ein Hausbesuch oder eine therapeutische Begleitung seitens des Jugendamts, erfasst, protokolliert und mit allen Beteiligten geteilt. 

Laut eigener Angaben konnten dank des Präventionsprojekts bisher etwa 700 Schülerinnen und Schüler in die Schule zurückgeführt werden. Die Schulen selbst melden zurück, dass sie die schulverweigernden Schülerinnen und Schüler viel besser betreuen können. Daten und Zahlen belegen einen deutlichen Rückgang der Fehlzeiten und eine Verbesserung des Schulklimas. Zudem müssen die Lehrerinnen und Lehrer dank automatisierter Prozesse weniger Zeit für administrative Aufgaben und die Kommunikation aufwenden – und haben so mehr Zeit für ihre pädagogische Arbeit. 

Die Wirksamkeit des Programms evaluiert apeiros anhand von qualitativen und quantitativen Datenanalysen, die vom Centrum für soziale Investitionen und Innovationen der Universität Heidelberg (CSI) wissenschaftlich begleitet werden. Dabei werden etwa die Fehlzeiten vor und nach der Einführung erfasst und analysiert. Auch finden Interviews und Befragungen mit und von Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern statt. Fallstudien und Langzeitbeobachtungen gehören ebenso zum Spektrum der Programmauswertung und -verbesserung. 

Um am „Early-Bird-Präventionsprojekt Schulabsentismus“ teilnehmen zu können, durchlaufen die Schulen einige Schritte:

  • Kontaktaufnahme und Beratung: initiales Gespräch, um die Bedürfnisse zu klären
  • Vereinbarung und Anmeldung: Vertragsabschluss und Registrierung
  • Technische Implementierung: Integration der apeiros-Software in bestehende Systeme
  • Schulung: Einweisung des Schulpersonals
  • Einführung: Start mit einer Pilotphase und schrittweisen Integration
  • Betrieb und Support: regelmäßige Updates und kontinuierliche Unterstützung seitens apeiros

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